Hamsterkäufe und Militär vor der Haustür?

Medienberichten zufolge will die Bundesregierung der Bevölkerung zur Lebensmittelbevorratung für „den Katastrophenfall“ raten, den selben Medienberichten nach geschieht dies zum ersten Mal seit Ende des kalten Kriegs. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass es solche Ratschläge von Bundesbehörden, wie etwa dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, eigentlich ständig gegeben hat. Auf dessen Website findet sich zum Beispiel „meine persönliche Checkliste“, die Veröffentlichung stammt laut Website von 2013. Ich kann mich noch an eine viel ältere Broschüre erinnern, die ich  – ganz sicher nach 1989 – von einem Tag der offenen Tür des Technischen Hilfswerks mitgenommen habe. Zumal in meiner damaligen Heimat die Angst vor einem möglichen GAU im nahe gelegenen Atomkraftwerk Neckarwestheim auf einer niedrigen Frequenz ja irgendwie immer mitschwang.

Sicher ist es also nicht erst seit den Befürchtungen um den Y2K-Bug oder anderen Katastrophen-Szenarien wie etwa „Peak Oil“ ratsam, für eine gewisse Zeit zuhause einigermaßen vorgesorgt zu haben. Tagelange Stomausfälle gab es in etwas härteren Wintern auch im Deutschland dieses Jahrtausends. Und sogenannte „Prepper“ setzen das Ende der Fahnenstange beim Thema Bevorratung sogar weitaus höher an als es die Bundesbehörden tun. Dennoch hat mich diese Meldung aufhorchen lassen. Denn sie passt in eine derzeitig erzeugte Lage der Bedrohungs- und Angst-Hysterie hinein. Da wird ein  Burkaverbot wegen Terrorismusgefahr ebenso diskutiert wie die automatische Gesichts-Erfassung aller Reisenden an Bahnhöfen und Flughäfen. Einen weiteren Aspekt dieser Angstkulisse sehe ich in der derzeit immer häufiger auftauchenden Diskussion um den Einsatz des Militärs im Inneren. So erwartet der aktuelle Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon schon bald Übungen der Bundeswehr im Bundesgebiet. Und hier geht es eben nicht um Katastrophenhilfe wie etwa bei der Oderflut oder anderen Naturereignissen. Boullion stellte ähnliche Forderungen bereits im März nach den Anschlägen in Brüssel.

Ganz ehrlich, mir wird bei solchen Forderungen übel. Und da muss ich mir gar nicht erst ausmalen, was denn im Stuttgarter Schlosspark am 30. September 2010 bei dem widerrechtlichen Polizeieinsatz gegen friedliche Demonstranten passiert wäre, wenn statt „nur“ gewaltbereiter Polizisten gar Bundeswehr-Truppen gegen die Demonstranten vorgegangen wären. Stuttgart und andere Großdemonstrationen haben uns gezeigt, was passieren kann, ob rechtmäßig oder nicht. Wenn es erstmal geübt wird, wird es wohl auch bis zu einem Einsatz nicht mehr lange dauern. Und erinnern wir uns nun daran, das laut EU-Recht gewisse „Negativdefinitionen“ gar die Anwendung tödlicher Gewalt erlauben, um einen „Aufruhr oder Aufstand […] niederzuschlagen“.

Wer weiß, vielleicht hängen die neuesten Pläne zur Lebensmittel-Bevorratung ja mit geplanten Ausgangssperren in Deutschland zusammen? Ich will nicht den Teufel an die Wand malen oder mich zu Verschwörungstheorien hinreißen lassen. Aber so langsam erinnern mich die Maßnahmen zur inneren Sicherheit in Deutschland unter dem Deckmantel der Terrorbedrohung fast schon an Erdo?ans „Staatsstreich von oben“ (Heribert Prantl) nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei.

Denn dieses sich immer weiter manifestierende „Supergrundrecht“ auf Sicherheit haben sich Innenminister ja eigentlich nur herbei fantastisiert. Es dient dem Zweck, den Sicherheitsapparat immer weiter aufzurüsten, wenn auch nicht besonders effizient, wie zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung und Militärpräsenz in Frankreich gezeigt haben. Das „Supergrundrecht auf Sicherheit“ dient nicht der Aufrechterhaltung des Rechtsstaats oder der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wie hat es Heribert Prantl in der Diskussion um den „Staatstrojaner“ formuliert:

„Ein solches Supergrundrecht stellt alles zur Disposition, was der Rechtsstaat an Regeln zur Vorbeugung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten eingeführt hat. Wer hier den großen Kehraus veranstalten will, der kehrt, angeblich oder vermeintlich zur Verteidigung des Rechtsstaats, genau das weg, weswegen dieser Rechtsstaat verteidigt werden muss. Dann stirbt die Freiheit an ihrer Verteidigung.“

So ist es.


Beitragsbild:
By Syrian_hamster_filling_his_cheek_pouches_with_Dandelion_leaves.JPG: Peter Maasderivative work: Miss-Sophie [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

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